Herzdame by Heyer Georgette

Herzdame by Heyer Georgette

Autor:Heyer, Georgette [Georgette, Heyer]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-05-27T16:00:00+00:00


9

Endlich hatten sich die letzten Gäste von Miss Wychwood verabschiedet. Noch nie war sie nach einer Gesellschaft so erschöpft gewesen. Alle außer ihr (und wahrscheinlich Mr. Carleton) schienen den Abend genossen zu haben, was wenigstens einen gelinden Trost nach all den Qualen bedeutete. Lucilla schwelgte in – wie es Annis schien – übertriebenem Entzücken und beteuerte, wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte diese Herrlichkeit nie ein Ende nehmen dürfen. Miss Wychwood schickte sie mit kaum verhohlenem Schaudern zu Bett und wollte ihr eben nach oben folgen, als sie Limbury bemerkte, der offenbar auf eine Gelegenheit gewartet hatte sie zu sprechen. Sie blieb stehen und blickte ihn fragend an. Ahnungslos vermeinte er, ihr eine freudige Nachricht zu überbringen, indem er ihr strahlend enthüllte, Sir Geoffrey sei eingetroffen und ließe bitten, sie vor dem Schlafengehen noch kurz sehen zu dürfen.

»Sir Geoffrey?« fragte sie fassungslos. »Hier? Guter Gott, was kann ihn nur bewogen haben, mitten in der Nacht nach Bath zu kommen?«

»Bitte regen Sie sich nicht auf, Miss Annis«, beruhigte Limbury sie väterlich. »Es ist nicht weiter schlimm! Master Tom hat Zahnschmerzen, aber Mylady fürchtet, es könnte sich um einen Abszeß handeln, und deshalb will sie ihn sofort zu Mr. Westcott bringen. Sir Geoffrey kam ungefähr zwanzig Minuten, bevor Sie sich zu Tisch begaben; doch als er sah, daß Sie Gäste hatten, trug er mir auf, Ihnen kein Wort von seiner Ankunft zu sagen. Er hat keine Abendkleidung mit und wollte sich verständlicherweise nicht im Reitanzug in Gesellschaft zeigen. Daher wies ich Jane an, das blaue Gästezimmer zurechtzumachen, Miss, und servierte ihm dort das Abendessen, weil ich dachte, damit ganz in Ihrem Sinne zu handeln.«

Miss Farlow hatte ihre vergeblichen Versuche aufgegeben, den Salon wieder in Ordnung zu bringen, um etwas von der Unterhaltung aufzuschnappen. »Oh, der Ärmste!« rief sie nun entsetzt. »Wenn ich nur die leiseste Ahnung gehabt hätte, wäre ich natürlich sofort hinaufgelaufen, um nach dem Rechten zu sehen! Nicht daß ich glaube, man könnte Jane nicht trauen. Nein, sie ist ein sehr verläßliches Mädchen, aber trotzdem –! Und erst der arme kleine Tom! Was für eine Qual muß das für seinen Papa sein, wo es doch nichts Schlimmeres gibt als Zahnschmerzen, besonders wenn man fürchten muß, daß sich ein Abszeß bildet, denn ich werde nie vergessen, was für eine Höllenpein ich einmal ausstehen mußte, als ich –«

»Tom hat Zahnschmerzen, nicht Geoffrey!« warf Annis ziemlich scharf ein und unterbrach damit rücksichtslos Miss Farlows Redefluß.

»Selbstverständlich, Liebste, ich weiß, aber das eigene Fleisch und Blut leiden zu sehen, muß für einen zärtlichen Vater unvorstellbar qualvoll sein!«

»Dummes Zeug!« sagte Annis und stieg die Treppe hinauf, um an die Tür des blauen Gästezimmers zu klopfen.

Ihr Bruder blätterte in den verschiedenen Journalen, mit denen ihn Limbury umsichtig versorgt hatte. Eine Karaffe mit Brandy stand auf einem kleinen Tisch; Sir Geoffrey hielt ein Glas in der Hand, das er beim Eintritt seiner Schwester rasch noch leerte und wieder auf den Tisch stellte, bevor er sich erhob. »Nun, Annis?« sagte er und hauchte einen Begrüßungskuß auf ihre Wange.



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